Dessau.
Rund zwei Jahre nach dem qualvollen Feuertod des afrikanischen
Asylbewerbers Oury Jallow in einer Polizeizelle in Dessau muss sich ein
Polizist wegen Körperverletzung mit Todesfolge vor Gericht
verantworten. Das Landgericht Dessau ließ die Anklage gegen den
46-jährigen Dienstgruppenleiter am Dienstag zur Hauptverhandlung
zu.
Die Termine für den Prozess sollen nun mit allen Beteiligten
abgestimmt
werden, wie ein Sprecher mitteilte. Der 21- Jährige aus Sierra
Leone
war am 7. Januar 2005 in einer Gewahrsamszelle im Polizeirevier
qualvoll verbrannt. Trotz Fesselung soll er die Flammen selbst entfacht
haben, indem er mit einem Feuerzeug eine Matratze in Brand setzte. Der
angeklagte Polizist soll den daraufhin angesprungenen Rauchmelder
ignoriert haben.
Der Todesfall im Polizeirevier hatte vor zwei Jahren
bundesweit
Schlagzeilen gemacht. Der Asylbewerber war in Gewahrsam, weil er in
alkoholisiertem Zustand Frauen belästigt und Widerstand gegen
Polizeibeamte geleistet haben soll. In der Zelle wurde er auf einer
Matratze an Händen und Beinen gefesselt. Dennoch soll er den
Ermittlungen zufolge in der Lage gewesen sein, mit dem Feuerzeug zu
zündeln. Gutachter kamen indes zu der Ansicht, dass der Afrikaner
noch
leben könnte, wenn ihm nach Brandausbruch in der Polizeizelle
rechtzeitig geholfen worden wäre.
Die Staatsanwaltschaft Dessau will in dem Fall auch
einen anderen
Polizeibeamten anklagen, der bei der Durchsuchung des Afrikaners vor
dessen Verbringung in die Zelle ein Feuerzeug übersehen haben
soll. Das
Landgericht lehnte jedoch im November die Eröffnung eines
Hauptverfahrens wegen fahrlässiger Tötung ab. Die
zuständige
Strafkammer sah keinen hinreichenden Tatverdacht. Über den
Einspruch
von Staatsanwaltschaft und Nebenklage gegen die Entscheidung muss jetzt
das Oberlandesgericht Naumburg befinden.
Für Kritik diverser Verbände hatte nach dem
Tod des Afrikaners nicht
nur das Verhalten der Polizei, sondern auch die lange Dauer der
Ermittlungen gesorgt. Die Staatsanwaltschaft hatte bereits im Mai 2005
gegen die beiden Polizisten, die damals Dienst hatten, Anklage erhoben.
Das Gericht hatte diese jedoch zunächst nicht zugelassen und
Nachermittlungen - etwa ein weiteres Gutachten - angeordnet.
Eine militante linksextremistische Gruppe hatte vor
wenigen Tagen zwei
Anschläge in Zusammenhang mit dem Tod Oury Jallows verübt.
Auf das Haus
eines für die Polizei Dessau tätigen Arztes hatte es einen
Brandanschlag, auf das Haus eines leitenden Polizisten einen
Farbanschlag gegeben. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen die noch
unbekannten Tatverdächtigen wegen Mitgliedschaft in einer
terroristischen Vereinigung.
dpa